Perfektionismus ablegen

Perfektionismus ablegen: So geht es

Von Jasmin / Letzte Aktualisierung am 14. Juni 2022

Denkst du, dass dein Perfektionismus dir schadet? Fühlst du dich durch ihn rastlos und nie gut genug? Dann bist du hier richtig. Ich gebe dir hilfreiche Tipps, mit denen du deinen Perfektionismus ablegen kannst.

Ich selbst neige zum Perfektionismus. Eigentlich eine gute Charaktereigenschaft, oder? Die Meisten, die mich kennen, bezeichnen mich als gewissenhaft und zuverlässig. Insbesondere Kollegen wussten: Auf mich ist Verlass, auch wenn ich bis in den frühen Morgen im Büro sitze.

Doch wieso habe ich mich entschieden meinen Perfektionismus langsam abzulegen? Der Hauptgrund war der Druck, den ich mir dadurch aufgebaut habe. Wenn ich einer Aufgabe nicht ausreichend nachkam, fühlte ich mich schuldig. Zudem ging es so weit, dass ich ineffizient wurde. Beispiel: Eine Kundenemail habe ich unzählige Male Korrektur gelesen, da ich Angst vor dem kleinsten Fehler hatte. Es hat sich fast zwanghaft angefühlt.

Wer ein übertriebenes Streben nach Perfektion kennt weiss, wie sehr man sich damit selbst unter Druck setzen kann. Ich bin keine Psychologin – wo die Grenzen zum Zwanghaften sind weiß ich nicht. Für mich persönlich war es aber Zeit für eine Veränderung.

Perfektionismus: Das sind die Anzeichen

Du denkst, es ist wichtig, stets sein Bestes zu geben? Ja, da hast du absolut Recht. Dennoch gibt es einen großen Unterschied zwischen ungesundem Perfektionismus und „das Beste geben“. Das sind Anzeichen für einen ungesunden Perfektionismus, den sogenannten dysfunktionalen Perfektionismus:

  • Überzogenes Leistungsdenken
  • Angst, nie gut genug zu sein
  • Angst davor Fehler zu machen
  • Ständige Angst zu versagen
  • Angst vor dem Verlust von Ansehen durch Mitmenschen

Perfektionismus ist also erst dann ungesund wenn du darunter leidest. Doch frage dich mal ob du als Perfektionist jemals zufrieden bist, denn nichts kann jemals perfekt sein, oder?

Warum überhaupt den Perfektionismus ablegen?

Das ständige Perfektsein Wollen in jedem Lebensbereich raubt dir Präsenz, du bist sehr hart zu dir selbst und dein Wohlbefinden ist immer von äußeren Umständen abhängig.

Fehlende Präsenz

Dein Perfektionismus erlaubt dir nicht im gegenwärtigen Moment zu sein. Denn du strebst immer einen noch besseren Zustand in der Zukunft an und vergisst im Hier und Jetzt zu leben.

Liebesentzug

Häufig führt dein Perfektionismus dazu, dass du dich bei Scheitern, wenn auch unbewusst, bestrafst, indem du dir einredest, noch nicht gut genug zu sein. Das kann gut sein wenn es dich motiviert immer besser zu sein und schlecht, wenn du dich dadurch selbst denunzierst.

Abhängigkeit

Dein Wohlbefinden ist von äußerem Erfolg und Anerkennung abhängig. Laufen die Dinge gut, bist du zufrieden, wenn etwas mal nicht so läuft, bist du unglücklich.

Rastlosigkeit

Du fühlst dich rastlos und gönnst dir keine Ruhe, da du ständig damit beschäftigt bist einen noch besseren Zustand zu erreichen.

Dein Perfektionismus ist leider häufig deswegen da, damit du auf deine Leistung stolz sein kannst und du dann von dir selbst und anderen hoffentlich anerkannt und geliebt wirst. Das haben viele aus der Kindheit mitgenommen. Wenn du artig warst wurdest du belohnt, bei Fehlern hast du Ärger bekommen.

Leider machst du deine Selbstliebe damit abhängig von äußeren Umständen. Du hast etwas geschafft? Dann bist du gütig dir selbst gegenüber. Du hast versagt? Deine „Selbstliebe“ geht flöten und du bestrafst dich.

Anstatt krampfhaft an der Perfektion äußerer Umstände zu arbeiten, schau dir mal genau an, wie sehr du dich selbst leiden kannst, wenn es mal nicht so gut läuft.

Dysfunktionaler Perfektionismus kann sogar so weit gehen, dass er Depressionen, Zwangsstörungen und sogar Essstörungen verurachsen kann.

Perfektionismus ablegen: 5 Tipps

Ich bin so überzeugt, dass wir in unserem Streben nach Perfektion häufig von Angst geleitet sind. Angst zu versagen, Angst nicht bewundert zu werden, Angst nicht gut genug zu sein. Was wäre, wenn wir es schaffen, ohne Angst zu sein?

Gib weiterhin dein Bestes, jeden Tag. Perfektionismus ablegen bedeutet nicht, sich keine Mühe mehr geben zu müssen. Es bedeutet nur, sich bei einem möglichen Scheitern nicht mehr schuldig oder wertlos zu fühlen. Es bedeutet zu erkennen, dass du nicht jeden Aspekt deines Lebens kontrollieren kannst.

Lerne etwas Neues

Wenn du etwas Neues lernst wirst du in den wenigsten Fällen sofort perfekt darin sein. Du machst Fehler. Begebe dich spielerisch in eine Situation, in der du immer und immer wieder „scheiterst“. Vielleicht kannst du in deinem nächsten Urlaub einen Surfkurs machen und dich immer wieder in der Unterwasser Waschmaschine über dich selbst ärgern, bis du darüber lachen kannst. So lernst du gleichzeitig die Kontrolle über etwas abzugeben.

Ich habe bereits probiert zu surfen. Ein Versuch war sehr gut, die anderen drei weniger. Was habe ich getan? Ich habe beschlossen das sei nichts für mich. Wieso? Ich habe Angst vor dem Wasser, vor der Unberechenbarkeit anderer Surfer und vor allem davor nicht gut zu sein, in dem was ich tue. Also stelle ich mich dem.

Lerne Selbstliebe

Du kannst lernen, dich selbst zu lieben, unabhängig von deinen Leistungen und äußeren Umständen. Das ist für viele ein langer Weg. Doch es gibt so viele Möglichkeiten, Selbstliebe zu praktizieren. Die Regel dabei lautet, dich nicht mehr von dir selbst abzulenken. Ich persönlich mache gerne geführte Meditationen zur Selbstheilung und Selbstliebe. Du kannst auch negative Glaubenssätze festhalten und diese dann zu positiven Glaubenssätzen wandeln und täglich wiederholen: Ein „wenn ich etwas falsch mache, bin ich nichts wert“ kann dann zu einem „Ich bin auch dann viel wert, wenn ich etwas falsch mache.“ werden.

Eine gute Übung: Als Frau ungeschminkt sein. Ich kenne viele Frauen, die angefangen haben komplett ungeschminkt zu sein, als Projekt der Selbstakzeptanz, um mehr zu sich zu stehen und aufzuhören gefallen zu wollen. Ich finde es eigentlich schön, wenn man sich schminkt, hohe Schuhe trägt und seine Weiblickeit betont. Aber noch viel schöner ist es, alle Masken fallen zu lassen und sich so zu zeigen, wie man ist, nicht beeindrucken zu wollen und zu „Makeln“ zu stehen, seien es Augenringe, Hautunreinheiten oder verquollene Augen. Einfach zu zeigen: Ich bin nicht perfekt.

Mache etwas nur halb fertig

Ich habe diesen Beitrag gestern zu 80% fertig geschrieben und den Abschluss mit Absicht auf heute verschoben. Perfektionisten ist es äußerst unangenehm, wenn ihre Pläne durchkreuzt werden, oder etwas nur halb fertig zu bekommen. Sie fürchten auch Kritik von anderen, die eigentlich immer eine großartige Leistung von ihnen gewohnt sind: Mach heute einfach mal keine Überstunden, lass deine Arbeit mal bewusst unfertig liegen. Darin übst du Mensch sein und dich mit deiner Zeit zu belohnen, unabhängig davon, ob du Leistung gebracht hast, oder nicht.

Insbesondere als Mutter musst du lernen, dass du nicht alles perfekt machen kannst und deine To-Do’s nicht immer alle am gewollten Tag abhaken kannst. Akzeptiere, dass du nicht fertig wirst. Akzeptiere, dass du mal müde bist. Du kannst nicht für alles verantwortlich sein.

Gönne dir einen Faulenzertag

Samstag ausschlafen, den ganzen Tag im Schlafanzug verbringen, Pizza bestellen und Fernseh schauen. Erwarte einfach mal gar nichts von dir und erlaube dir einen richtigen Faulenzertag, ohne schlechtes Gewissen.

Selbst wenn du 150% gibst – viele Dinge liegen nicht in deiner Hand und so wirst du ständig nach etwas unmöglichem Streben und dich dabei selbst vernachlässigen, unglaublich viel Druck aufbauen, die Schönheit des gegenwärtigen Moments nicht sehen und deinen Gemütszustand immer abhängig von deinen Leistungen machen. Tu dir das nicht an und erlaube dir durchzuatmen und einen Schritt in eine neue Richtung, die auch Ecken und Kanten haben darf.

Einen interessanten Beitrag über die Ursachen von Perfektionismus und den Unterschieden zwischen funktionalem und dysfunktionalem Perfektionismus findest du hier:

https://www.oberbergkliniken.de/artikel/perfektionismus

Viel Glück auf deinem Weg in die Freiheit.

Ein Kommentar

  1. Danke für diesen Beitrag, ich möchte sicher auch meinen Perfektionismus etwas zurückdrehen. Da ich schon denke, dass er mir schaden kann, zumindest auf Dauer.

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